On y va! Mit Employer Branding zur starken Arbeitgebermarke – Interview mit Elise Bourgeois


Elise Bourgeois ist Expertin für Employer Branding und Gründerin der Agentur onyva Employer Branding. Mit ihrer Employer-Branding-Agentur unterstützt sie Unternehmen dabei, ihre Arbeitgebermarke authentisch und nachhaltig zu positionieren. Im Interview spricht Elise über die Bedeutung von Employer Branding, die Herausforderungen für KMU und grosse Unternehmen sowie die Rolle von HR und Marketing in diesem Prozess.

Stelle bitte dich und deine Firma vor.

Ich bin Elise Bourgeois, Spezialistin für Employer Branding und Gründerin der Agentur onyva Employer Branding. Ich bin über fünfzehn Jahre im Marketing und der digitalen Kommunikation tätig und fokussiere mich jetzt seit ca. 5 Jahren auf das Employer Branding. Vor eineinhalb Jahren habe ich meine Agentur onyva Employer Branding gegründet und möchte damit unter anderem mein Marketing-Wissen in die HR-Welt bringen.

Ich berate und begleite hauptsächlich mittelgrosse bis grosse Unternehmen im DACH-Raum aus verschiedenen Branchen und Industrien. Dabei unterstütze ich sie bei der Entwicklung von Strategien zur Arbeitgebermarke und begleite auch die Umsetzung, wie beispielsweise in der externen Kommunikation. Meine Kunden schätzen dabei meine unkomplizierte Herangehensweise. Dazu passt der Firmenname onyva ganz gut. Der französische Ausdruck «los geht’s» steht dafür, sich gemeinsam auf diese «Employer-Branding-Reise» zu begeben.

Definiere bitte den Begriff Employer Branding aus deiner Sicht.

Beim Employer Branding geht es darum, seine Identität als Arbeitgeber erstmal kennenzulernen und in die gewünschte Richtung zu formen. Unternehmen schaffen dadurch eine starke Kultur, die sich auf das Engagement von Mitarbeitenden positiv auswirkt. So entsteht intern eine einzigartige Arbeitgebermarke, die es dann authentisch nach aussen zu kommunizieren und erlebbar zu machen gilt. Und zwar für die Menschen, die auch in das Unternehmen passen.

Also geht es beim Employer Branding nicht nur darum, das Unternehmen für potenzielle Bewerbende attraktiv zu machen, sondern auch für die Mitarbeitenden?

Ja, absolut. Employer Branding richtet sich nicht nur an potenzielle Bewerbende, sondern auch an die bestehenden Mitarbeitenden. Letztlich kannst du nach aussen nur das glaubwürdig vermitteln, was du intern tatsächlich lebst. Der interne Aspekt ist also mindestens genauso wichtig: Wenn deine Arbeitgeberwerte intern nicht positiv erlebt werden, wird es langfristig schwierig, diese authentisch nach aussen zu vertreten.

Genau deshalb sollten auch Mitarbeitende aktiv ins Employer Branding miteinbezogen werden. Wenn dies nicht geschieht, besteht die Gefahr, dass eine Diskrepanz zwischen dem externen Image und der internen Realität entsteht. Das kann dazu führen, dass neue Mitarbeitende enttäuscht sind und die Frühfluktuation ansteigt – also, dass sie das Unternehmen kurz nach ihrem Einstieg wieder verlassen. Unternehmen sollten von Anfang an klar kommunizieren, wer sie sind, wie das Miteinander gestaltet ist und was sie von ihren Mitarbeitenden erwarten.

Wieso ist Employer Branding wichtig für Unternehmen?

Employer Branding ist aus zwei zentralen Gründen von grosser Bedeutung. Erstens ermöglicht es Unternehmen, sich auf dem Arbeitsmarkt gezielt zu positionieren. Genauso wie ein Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen seit Jahren erfolgreich vermarktet, muss es sich nun auch als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Ein klares Verständnis über die eigene Identität und die Unternehmensvision hilft dabei, die passenden Talente anzusprechen und zu gewinnen.

Zweitens spielt die interne Positionierung eine wesentliche Rolle. Es ist entscheidend, dass im Unternehmen eine starke, konsistente Unternehmenskultur gepflegt und aktiv gelebt wird. Dies trägt nicht nur zur Zufriedenheit und Identifikation der Mitarbeitenden bei, sondern fördert auch deren Loyalität. Eine solide interne Kultur erhöht die Motivation und das Engagement von Mitarbeitenden und reduziert langfristig den Aufwand und die Kosten in der Rekrutierung. Es entsteht weniger Fluktuation und zufriedene Mitarbeitende empfehlen das Unternehmen aktiv weiter.

Was müssen grosse Unternehmen im Employer Branding anders machen als KMUs? Gibt es Unterschiede, andere Herausforderungen etc.?

Nun, es lässt sich nicht pauschalisieren. Doch ich stelle häufig fest, dass für kleinere Unternehmen ihre geringe Bekanntheit und Reichweite eine Herausforderung darstellt. Sie müssen viel kreativer agieren, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Gleichzeitig müssen sie oft mit begrenzten Ressourcen auskommen. Das bedeutet, dass Personen das Employer Branding übernehmen müssen, die möglicherweise nicht über ausreichendes Know-how oder genügend Zeit dazu verfügen. Dafür können Entscheidungen durch die Nähe zur Geschäftsführung schneller getroffen und kreative Ideen ohne langwierige Freigabeprozesse zügig umgesetzt werden.

Im Gegensatz dazu haben grössere Unternehmen oftmals mehr finanzielle Mittel und Personalressourcen zur Verfügung, um umfassende Employer-Branding-Kampagnen umzusetzen. Sie verfügen meist über etablierte Social-Media-Kanäle und spezialisierte Teams, die für die Pflege und Entwicklung von Inhalten verantwortlich sind. Dies ermöglicht es ihnen, eine grössere Reichweite zu erzielen und vielfältigen, professionellen Content zu produzieren.

Allerdings bringt die Grösse von Unternehmen auch Herausforderungen mit sich. Manche grosse Unternehmen müssen oft mit komplexen Strukturen umgehen und eine Vielzahl unterschiedlicher Berufsgruppen – manchmal auch in verschiedenen Sprachregionen oder Ländern – ansprechen. Dies erfordert eine differenzierte Employer-Branding-Strategie. Die Koordination dieser Massnahmen sowie die einheitliche Kommunikation der Arbeitgebermarke über alle Bereiche und Standorte hinweg kann sehr anspruchsvoll sein.

Eines gilt aber für alle Unternehmen: Es braucht einen klaren, authentischen Auftritt, der intern gelebt und extern glaubwürdig kommuniziert wird.

Du hast die personellen Ressourcen angesprochen. Wo soll das Employer Branding nun eher angesiedelt sein, beim Marketing, beim HR oder soll es ein Zusammenspiel sein?

Diese Frage ist viel diskutiert. Und leider habe ich bis heute keine wirkliche Antwort darauf. In der Praxis ist etwa in 70% der Fälle das HR für das Employer Branding verantwortlich. Allerdings geht es beim Employer Branding um eine Marke, das steht ja schon im Namen. Deshalb braucht es auch das Marketing, weil hier das Know-how liegt, wie eine Marke geführt und nach intern und extern kommuniziert wird. Das HR kennt hingegen die Zielgruppe und deren Emotionen besser und weiss, wie wichtig Authentizität ist. Letztere spielt beim Employer Branding eine sehr grosse Rolle.

Wenn man also die Möglichkeit hat, sollte man beide Abteilungen integrieren. Das Marketing sollte die Arbeitgebermarke in die Markenstrategie des Unternehmens integrieren – doch das nicht im Alleingang. Auch bei der Umsetzung bedarf es beider Abteilungen. In der Praxis habe ich aber auch schon erlebt, dass es keine Marketingabteilung gibt und die Aufgaben in Agenturen verteilt sind. Das macht es noch etwas schwieriger. Am Ende ist vor allem wichtig, dass jemand ganz klar für das Employer Branding verantwortlich ist. Das muss eine Person sein, die hierarchisch so positioniert ist, dass sie auch bei der Geschäftsleitung mal etwas einfordern kann und genügend Kompetenzen hat, um etwas voranzutreiben. Denn ganz wichtig im Employer Branding ist das Durchhaltevermögen, also wirklich dranzubleiben.

Wenn du das aktuelle Employer Branding von Schweizer Grossunternehmen betrachtest, wo siehst du Verbesserungsbedarf?

Ein besonders grosses Verbesserungspotenzial sehe ich im Verständnis für ganzheitliches Employer Branding. Statt einzelne, isolierte Massnahmen zu planen, sollte ein integrierter Ansatz verfolgt werden, der die gesamte Candidate- und Employee-Journey abdeckt. Jede Interaktion – von der ersten Kontaktaufnahme bis zur langfristigen Bindung der Mitarbeitenden – sollte positiv gestaltet sein. Was nützt beispielsweise eine aufwendige Social-Media-Kampagne mit zahlreichen Bewerbungen, wenn der Bewerbungsprozess im Hintergrund bei Bewerbenden Frust auslöst?

Wenn Unternehmen ganzheitlich denken und ihre internen Prozesse optimieren, können sie sich langfristig einen klaren Wettbewerbsvorteil sichern. Ein authentisches, positives Mitarbeitererlebnis stärkt nicht nur die Bindung der Mitarbeitenden, sondern fördert auch die Attraktivität als Arbeitgeber nach aussen. Unternehmen, die diesen Weg einschlagen, werden von einem nachhaltigen Erfolg profitieren und sich als begehrte Arbeitgebermarke positionieren.

Ein anderer Punkt, der in vielen Schweizer Unternehmen noch fehlt, ist die klare Verantwortlichkeit für Employer Branding. Oft gibt es keine Person, die dauerhaft die Fäden in der Hand hält und eine langfristige Strategie verfolgt. In vielen Fällen wird Employer Branding nur zeitweise betrieben und verliert nach kurzer Zeit an Priorität, weil niemand offiziell die Gesamtverantwortung übertragen bekommt. Dadurch fehlt die notwendige Kontinuität. Zudem sehe ich häufig, dass die Personen, die diese Aufgabe nebenbei meistern sollten, nicht ausreichend ausgebildet sind. Es gibt mittlerweile sehr gute Weiterbildungen in diesem Bereich, die sich sehr lohnen. Als Alternative arbeite ich aktuell beispielsweise mit einer Gruppe von HR-Interim-Managern zusammen, um ihr Wissen im Employer Branding durch gezielte Workshops zu stärken.

Des Weiteren konzentrieren sich viele Unternehmen nach wie vor zu sehr auf die Rekrutierung neuer Mitarbeitenden statt der Bindung aktueller Mitarbeitenden. So bleibt hier viel Potenzial ungenutzt. Aktuelle Umfragen haben gezeigt, dass die Loyalität und das Engagement der Arbeitnehmenden in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eher niedrig sind. Gerade wenn Personal knapp ist, sollte Wert darauf gelegt werden, interne Talente zu fördern und dafür zu sorgen, dass diese nicht ungeachtet zur Konkurrenz wechseln.

Welche Kanäle sind eigentlich passend für Employer Branding?

Die Wahl der richtigen Kanäle hängt stark von den Zielgruppen, also den sogenannten Personas, ab. Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, wen sie in ihrem Team benötigen, um ihre Mission voranzubringen. Dabei ist es entscheidend, zu verstehen, wie diese Menschen ticken, welche Bedürfnisse sie haben und auf welchen Kanälen sie sich bewegen.

Social Media bietet dabei eine fantastische Möglichkeit, die Arbeitgebermarke sichtbar zu machen und potenzielle Talente anzusprechen. Dabei kann jeder Social-Media-Kanal dafür in Frage kommen. Doch in diesem Kontext finde ich es wichtiger, sich vorab Gedanken zu machen, ob auch genügend relevanter und ansprechender Content geliefert werden kann. Solcher, der auf die Bedürfnisse der Zielgruppe eingeht und in einem zielgruppengerechten Format präsentiert wird.

Auch die Karrierewebseite spielt hier eine Schlüsselrolle – sie ist oft der erste Berührungspunkt für potenzielle Bewerbende und bietet eine grossartige Gelegenheit, einen bleibenden, positiven Eindruck zu hinterlassen. Mit einer authentischen und gut gepflegten Seite kann man das Interesse wecken und Talente schnell von sich überzeugen.

Wichtig ist, dass all diese Kanäle, egal ob Social Media oder die Karriereseite, kontinuierlich gepflegt werden. Es braucht Kreativität, Konsistenz und Interaktion, um eine Arbeitgebermarke lebendig und dynamisch zu halten. Deshalb lohnt es sich hier oftmals, mittels externer Unterstützung, die Online-Präsenz optimal zu gestalten.

Willst du abschliessend noch etwas sagen?

Startet, probiert aus und habt den Mut, neue Wege zu gehen! Achtet darauf, euch nicht in zu vielen Einzelmassnahmen zu verlieren, sondern fokussiert euch darauf, welche Botschaft ihr als Arbeitgeber wirklich vermitteln möchtet. Doch vor allem: Bleibt dran! Erfolg entsteht, wenn ihr konsequent weitermacht – gemeinsam als Team. Hört auf eure Mitarbeitenden, bezieht sie ein und geht den Weg zusammen. Echte Arbeitgebermarken wachsen durch das Engagement aller.